Bescheidener hätten die Voraussetzungen für die Nürnberg Ice Tigers vor dem Heimspiel gegen die Grizzlys Wolfsburg nicht sein können. Sechs Corona-Fälle, dazu die Handverletzung von Chris Brown, die Sprunggelenksverletzung von Julius Karrer und das Fehlen von Fabrizio Pilu reduzierten den Nürnberger Kader auf zwei Torhüter, drei gelernte Verteidiger und elf Stürmer. Gregor MacLeod und Tim Fleischer wurden daher kurzerhand zu Verteidigern umfunktioniert und machten ihre Sache herausragend. Die Grizzlys kamen mit sieben Siegen in Folge nach Nürnberg und mussten sogar einen Spieler auf der Tribüne platzieren, weil Top-Scorer Chris DeSousa ins Team zurückkehrte. Die Ice Tigers ließen sich davon aber nicht beeindrucken und spielten im ersten Drittel schwungvoll, druckvoll und strukturiert nach vorne. Die erste Chance hatte Lukas Ribarik im Nachschuss nach einem Schuss von Jake Ustorf, Ribariks Rückhandversuch wurde aber geblockt (2.). Tyler Sheehy schoss aus der neutralen Zone kommend knapp am langen Pfosten vorbei (3.), Ryan Stoa scheiterte nach einem Scheibenklau an der blauen Linie an Wolfsburgs Torhüter Chet Pickard (5.). In der 10. Minute löste sich Marko Friedrich am langen Pfosten, bekam einen Diagonalpass von Oliver Mebus perfekt auf den Schläger und schoss aufs kurze Eck, Pickard passte aber auf. Wolfsburg kam in der 14. Minute zu seiner bis dato besten Chance, Niklas Treutle zeigte sich gegen den Direktschuss von Anthony Rech von der rechten Seite aber hellwach und hielt sicher.

Die Ice Tigers hatten insgesamt die besseren Chancen und belohnten sich in der 18. Minute. Ryan Stoa setzte sich im Zweikampf hinter dem Wolfsburger Tor durch und spielte zurück zur blauen Linie, Tim Fleischer zog ab, Pickard musste abprallen lassen und Marko Friedrich drückte den Nachschuss zur 1:0-Führung über die Linie. Die Grizzlys nahmen ein Powerplay mit ins zweite Drittel, mehr als eine halbwegs gute Möglichkeit für Trevor Mingoia von der rechten Seite sprang aber nicht heraus (22.). In der 25. Minute wurde ein Schuss von Oliver Mebus geblockt, Anthony Rech konterte und probierte es mit einem flachen Schuss aufs lange Eck, Treutle reagierte aber glänzend mit dem Schoner. Als sich die Grizzlys eine Bankstrafe wegen zu vieler Spieler einhandelten, schlugen die Ice Tigers in Überzahl zu. Dane Fox wurde von Marcus Weber an der blauen Linie dreimal bedient, dreimal zog er ab, der dritte Versuch rutschte Pickard schließlich zum 2:0 für die Ice Tigers über die Linie (27.). Ziemlich genau zwei Minuten später durften die Ice Tigers zum dritten Mal jubeln. Dane Fox kam über die linke Seite, sein Passversuch in die Mitte wurde zwar abgeblockt, Fox kam aber wieder an die Scheibe und schoss aus spitzem Winkel, Pickard war dran, die Scheibe trudelte aber aufs lange Eck zu und rollte gerade so zum 3:0 über die Torlinie (29.).

Nach etwa der Hälfte des Spiels übernahmen die Grizzlys mehr und mehr die Kontrolle und kamen deshalb folgerichtig auf 3:1 heran. Armin Wurm war es, der Niklas Treutle mit einem Schuss aus dem hohen Slot überwand, weil Niklas Treutle die Sicht verdeckt war. Wolfsburg machte nun viel Druck und schnürte die Ice Tigers immer wieder in deren Drittel ein, Nürnberg rettete die Zwei-Tore-Führung aber in die zweite Drittelpause. Im Schlussabschnitt hatte diese aber nicht mehr lange Bestand. Keine zwei Minuten waren gespielt, als Oliver Mebus einen Schuss von Ryan Button blocke, die Scheibe aber erneut auf der Kelle des Wolfsburger Verteidigers landete, der sie perfekt unter die Latte hob und auf 3:2 verkürzte (42.). Marko Friedrich eroberte den Puck in der 44. Minute im Wolfsburger Drittel und spielte punktgenau quer, Lukas Ribarik zog direkt ab, konnte Pickard aber nicht überwinden. In Unterzahl hatte Gregor MacLeod in der 46. Minute die Riesenchance aufs vierte Tor, Pickard parierte MacLeods Rückhandschuss aber mit der Stockhand. Die Ice Tigers mussten in der Schlussphase zwei weitere Unterzahlsituationen überstehen, schafften das dank einer herausragenden Teamleistung aber und konnten sich zudem auf den bärenstarken Niklas Treutle verlassen. Dreieinhalb Minuten vor Schluss nahm Mike Stewart seinen Torhüter zu Beginn eines Powerplays vom Eis, die Ice Tigers stemmten sich aber gegen den Ausgleich. 30 Sekunden vor der Sirene stand Treutle noch einmal im Mittelpunkt, hielt die Scheibe nach einem Schuss von Trevor Mingoia aber sicher. Patrick Reimer blockte Sekunden vor dem Ende einen letzten Versuch der Grizzlys, die Spieler der Ice Tigers sprangen auf der Bank auf und jubelten, als hätten sie gerade ein Tor erzielt. Mehr passierte dann nicht mehr, aufopferungsvoll kämpfende Ice Tigers brachten das 3:2 über die Zeit und durften sich über den vielleicht größten Sieg der laufenden Saison freuen.

Foto: Thomas Hahn

Mike Stewart (Wolfsburg): Wir waren in den ersten 30 Minuten einfach schläfrig. Nürnberg war hungriger und hat die Tore geschossen. Wir sind danach wach geworden, aber 30 Minuten waren zu wenig. Wir hatten das Spielgeschehen in der Hand, aber Treutle hat stark gespielt und Nürnberg hat als Team agiert. Nürnberg hat gekämpft, aber wir hatten unsere Chancen und haben sie nicht genutzt. 

Tom Rowe (Nürnberg): Wir waren offensichtlich dünn besetzt. Das erste Drittel hat das Tempo fürs ganze Spiel vorgegeben, das Team hat das Spiel als Herausforderung genommen. Es war unglaublich beeindruckend, wie das Team beim Spielplan geblieben ist und wie es Schüsse geblockt hat, vor allem in Unterzahl. Wir hatten in der Vergangenheit Probleme mit dem Wolfsburger Powerplay. Im letzten Drittel sind wir müde geworden. Wir haben so einen guten Charakter im Team, die älteren Spieler sind die Vorbilder. Das war heute für uns ein großer Schritt nach vorne.